Symposium zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln der Besonderen Therapierichtungen aus juristischer und medizinischer Sicht

Am 8. Dezember 2010 kamen auf Einladung des Dachverbandes Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD) Mediziner und Juristen zusammen, um über die Rechtsstellung der Arzneimittel der Besonderen Therapierichtungen im SGB V ins Gespräch zu kommen. Schon in seiner Begrüßungsrede machte Dr. Matthias Girke, Vorstandsmitglied des DAMiD, darauf aufmerksam, dass bei der Bewertung der Arzneimittel der Anthroposophischen Medizin ein anderes medizinisches Verständnis berücksichtigt werden müsse: es würden nicht Diagnosen, sondern Symptome als Grundlage zur Festlegung einer Indikation herangezogen. Auch die Erklärung, dass der Blick auf eine Krankheit nicht aus einer pathophysiologischen sondern aus einer salutogenetischen Perspektive erfolge, mache deutlich, warum die Arzneimittel der Besonderen Therapierichtung einer gesonderten Bewertung bei der Verordnungsfähigkeit bedürften.

Medizinische Sichtweisen

Dr. Harald Matthes, Ärztlicher Leiter des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe, vertiefte diese Gedanken und erläuterte in Bezug auf die Anthroposophische Medizin den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. "Grundlage der Anthroposophischen Medizin ist das humanistische mehrdimensionale Menschenbild von Leib, Seele und Geist", erklärte Matthes und fuhr fort: "Dieser Grundsatz findet auch in der anthroposophischen Arzneimitteltherapie seine Anwendung." Im Gegensatz zur konventionellen Pharmakotherapie, in der das Modell der Ursache-Wirkungs-Beziehung gelte, werde in der Anthroposophischen Medizin mit dem salutogenetischen Ansatz durch Reiz-Reaktionsmuster versucht, den Körper zu dynamisieren und zu beleben. In der Anthroposophischen Medizin würden durch veränderliche Symptomabfolgen verschiedene Arzneimittel eingesetzt, wodurch sich (mehrdimensionale) Therapiekonzepte ergeben würden. Daher "bedürfen diese Arzneimittel mit ´besonderer Wirkungsweise´ auch der spezifischen Beurteilung, wie dies im SGB V vorgesehen ist", schlussfolgerte Harald Matthes in seinem Vortrag. Auch befürwortete er unter anderem eine dauerhafte Verankerung der Besonderen Therapierichtungen im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Dabei könne das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit seinen Kommissionen C, D und E als Vorbild dienen.

Dr. Gunver Sophia Kienle (Forschungsbeauftragte des Instituts für angewandte Erkenntnistheorie und medizinische Methodologie) erläuterte im Anschluss sehr anschaulich den Stand der klinischen Forschung in der Komplementärmedizin und machte dabei deutlich, dass es Studien und Untersuchungen gibt, die die Bedeutung, Wirkungsweise und Wissenschaftlichkeit komplementärmedizinscher Verfahren belegen können.

Juristische Perspektiven

Martin Laurisch, Richter am Landessozialgericht Berlin, verdeutlichte in seinem Vortrag die juristische Perspektive: "Der Gesetzgeber ist seiner Verpflichtung, Regelungen über die Besonderen Therapierichtungen ins SGB V aufzunehmen nur unvollständig und mangelhaft nachgekommen." Nur die Homöopathie, die Phytotherapie und die Anthroposophische Medizin seien als Besondere Therapierichtungen anerkannt und damit wären auch nur die Arzneimittel dieser Therapierichtungen im System der Gesetzlichen Krankenkassen zu garantieren. Laurisch fasste zusammen, dass die besonderen Therapierichtungen hauptsächlich dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse unterworfen seien und kritisierte, dass dies die Anerkennung eines eigenen therapeutischen Konzeptes umgehe. Für die Beurteilung der Wirksamkeit, des Nutzen und der Wirtschaftlichkeit sei der jeweilige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der jeweiligen Therapierichtungen maßgeblich - dies würde sich sowohl in der Richtliniengebung des G-BA als auch in der Rechtsprechung langsam durchsetzen. Diesem Vortrag schloss sich Jan Matthias Hesse, Fachanwalt für Medizinrecht, an und zeigte anhand von Urteilen aus den vergangenen zehn Jahren, dass es eine positive Entwicklung in der Anerkennung der besonderen Therapierichtungen durch die Sozialgerichte und der Zubilligung eigener therapieimmanenter Beurteilungskriterien gibt.

Großer Diskussionsbedarf

Gemeinsam mit Dr. Thomas Bereitkreuz (Vorsitzender bei der Kommission C des BfArM) und Maximilian Grüne (Justitiar des G-BA) diskutieren die beiden Juristen und Dr. Harald Matthes unter der moderierenden Leitung von Prof. Burkhard Sträter (Rechtsanwalt und ausgewiesener Experte im Arzneimittelrecht) über die Rechtsstellung der Arzneimittel der Anthroposophischen Medizin im Normenprogramm der Arzneimittelrichtlinie (AMR-L). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Therapiestandard der Anthroposophischen Arzneitherapie wie er im Vademecum Anthroposophische Medizin der GAÄD enthalten ist und der seine Konkretisierung in den Ausführungen der GAÄD zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln der Anthroposophischen Medizin in der Gesetzlichen Krankenversicherung auf der Grundlage der AMR-L nach § 34 SGB V findet, eine hervorragende Grundlage darstellt. Diese sollte dem G-BA in seiner weiteren Konkretisierung des Therapiestandards der Arzneimittel als Basis dienen.

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Der DAMiD repräsentiert die Anthroposophische Medizin in allen gesellschaftlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Als Dachorganisation vertritt der Verband die übergeordneten Belange und Interessen seiner 17 Mitglieder. Mitgliedsorganisationen sind Berufs- und Patientenverbände, Klinikverband, gemeinnützige Altenhilfe, Behindertenhilfe sowie Hersteller Anthroposophischer Arzneimittel.