Grafik Arzt mit Buch und Stetoskop

Der Sommer war heiß. Kein Wunder, dass immer mehr Ärzteverbände und Organisationen mehr Engagement gegen den Klimawandel fordern – und auch selbst Klimasprechstunden & Co. anbieten. Heiß ist auch immer wieder die Debatte um die Homöopathie – in Baden-Württemberg haben jetzt zwei Spitzenpolitiker kommentiert, dass sie die ständigen Attacken gegen die Homöopathie maßlos übertrieben finden. Und weitere gute Nachrichten gibt es aus der Geburtshilfe: Das neue „Bündnis Gute Geburt“ macht sich für konkrete Reformen und einen echten Kulturwandel in der Geburtshilfe stark. Wir dürfen gespannt sein.

Die Meldungen:

» Streit um Zusatzweiterbildung zur Homöopathie in Baden-Württemberg
» "Bündnis Gute Geburt" fordert Reformen und Umdenken
» Klimasensible Beratung in der Arztpraxis

Streit um Zusatzweiterbildung zur Homöopathie in Baden-Württemberg

globuli clipdealer 140814Berlin, 6. September 2022. In der schon länger währenden Debatte um die Zusatzweiterbildung Homöopathie hat sich Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) Anfang August für die Homöopathie ausgesprochen. Zum Hintergrund: Die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg hatte im Juli 2022 entschieden, die Zusatzbezeichnung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung streichen zu wollen. Der Minister kritisierte diese Entscheidung: „Baden-Württemberg ist das Land der Naturheilkunde und gerade die Homöopathie ist für viele Bürgerinnen und Bürger im Land ein wichtiger Teil ihrer Gesundheitsversorgung.“

Menschen sollten die Wahl haben – wie es ihr gutes Recht ist

Jeder solle die Möglichkeit haben, sich bei der Arztwahl für einen homöopathisch arbeitenden Arzt zu entscheiden, sagte Lucha laut dpa: „Dazu braucht es Ärzte, die eine Zusatzqualifikation in Homöopathie besitzen.“ Sein Ministerium werde den Beschluss der Ärztekammer überprüfen.

Schützenhilfe bekam Lucha – neben viel Kritik – von der Grünen-Landesvorsitzenden Lena Schwelling, ebenfalls Baden-Württemberg. Sie hält den Dauerstreit über die Homöopathie für maßlos übertrieben und setzt sich dafür ein, dass Menschen wählen können, was im Übrigen im Sinne der Arzt- und Therapiewahlfreiheit in Deutschland ihr gutes Recht sei. Schwelling sprach sich auch dagegen aus, die Homöopathie aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen. Das Kostenargument ließ sie nicht gelten, zumal es dabei um 0,003 Prozent der Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenkassen gehe.

Quelle:

„Lucha kritisiert Abkehr von Homöopathie“, apotheke adhoc, 1. August 2022
„Grünen-Chefin beklagt ‚Kreuzzug‘ gegen die Homöopathie und stützt Lucha“, Ärzte Zeitung, 28. August 2022

„Bündnis Gute Geburt“ fordert Reform und Umdenken

Schwanger pexels m wormwoodBerlin, 6. September 2022. Die Herausforderungen in der Geburtshilfe sind groß: In Deutschland kommt jedes 10. Kind als Frühchen auf die Welt, Tendenz steigend. Steigend ist auch erneut die Rate der Kaiserschnitte, die sowieso schon bei über 30 Prozent lagen und nun seit der Coronapandemie nochmal gestiegen sind. Dazu kommen überfüllte Kreißsäle sowie Hebammen und Frauenärzt:innen, die sich frustriert aus der Geburtshilfe zurückziehen.

Neues Bündnis gegründet

Zeit für eine neue, möglichst nationale Kraftanstrengung: In Berlin hat sich das „Bündnis Gute Geburt“ gegründet. Die fünf Gründungsorganisationen – Arbeitskreis Frauengesundheit, Mother Hood, Deutscher Hebammenverband, Deutscher Frauenrat, Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen – fordern konkrete Verbesserungen und einen grundlegenden Kulturwandel in der Geburtshilfe, der Mutter und Kind ins Zentrum rückt.

Selbstverwaltung, Politik und Gesellschaft erreichen

Das Bündnis will dazu nicht nur Akteur:innen in Gesundheitswesen und Politik ansprechen, sondern auch die Gesellschaft über den besonderen Wert einer Geburt unter respektvollen, menschenwürdigen und sicheren Bedingungen aufklären. Das Bündnis reagiert damit auf die anhaltenden Missstände in der Versorgung von Frauen und Familien rund um die Geburt und in den ersten Lebenswochen des Säuglings. Ebenso wirken sich massive strukturelle Defizite und eine mangelhafte Personalausstattung negativ auf die Arbeit von Hebammen und Ärzt:innen aus, die auch die Versorgung von Frau und Kind beeinträchtigen.

Mutter und Kind im Mittelpunkt

Das „Bündnis Gute Geburt“ appelliert an alle Verantwortlichen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um schnellstmöglich Verbesserungen in der Versorgung herbeizuführen. Ziel muss sein, (werdende) Mütter und Familien in den Mittelpunkt der Geburtshilfe zu rücken, sie wertzuschätzen und rund um die Geburt angemessen zu unterstützen. Entsprechende Strukturen und Angebote müssen in Praxen, Kreißsälen, auf Wöchnerinnenstationen und während des Wochenbetts zum Wohle von Frauen und Familien geschaffen werden, so das Bündnis.

Mitmachen?

Das „Bündnis Gute Geburt“ sucht noch Mitstreiter:innen, die sich ebenfalls für Veränderungen in der Geburtshilfe stark machen wollen. Bitte melden Sie sich bei Interesse im Büro des » Arbeitskreises für Frauengesundheit

Mehr erfahren?

„Start ins Leben: ‚Bündnis Gute Geburt‘ fordert grundlegende Reform der Geburtshilfe in Deutschland“, Pressemitteilung Arbeitskreis Frauengesundheit, 13. Juli 2022

 

Klimasensible Beratung in der Arztpraxis

Gesundheitsberatung pexels cottonbroBerlin, 6. September 2022. Der Klimawandel ist – auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht das so – global zur größten gesundheitlichen Gefahr geworden. Das gilt auch für Europa. Inzwischen machen sich auch in der Medizin immer mehr Organisationen und Fachgesellschaften für Angebote zum klimasensiblen Verhalten stark. Zum einen geht es um das Verhalten zum Beispiel während einer Hitzewelle. Zum anderen geht es um die Themen Ernährung und Bewegung, die extrem viel mit der individuellen Gesundheit zu tun haben und gleichzeitig eng mit dem Klimawandel verknüpft sind.

KLUG appelliert an Ärzt:innen zur „klimasensiblen Gesundheitsberatung“

Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) macht sich schon seit Jahren für mehr Aufklärung, Beratung und Engagement zum Klimawandel im Gesundheitswesen stark. Konkret appelliert die Allianz an Ärztinnen und Ärzte, in der Praxis eine „klimasensible Gesundheitsberatung“ anzubieten. Dabei soll im regulären Patientengespräch über Umweltschutz und Klimawandel gesprochen werden, auch Ernährung und Mobilität sollen thematisiert werden. Gerade Ärztinnen und Ärzte können hier viel erreichen, da sie hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießen und gerade in der Hausarztpraxis Kontakt in alle Bevölkerungsgruppen hinein haben.

Hausärzteverband fordert Klimasprechstunde

Auch der Hausärzteverband möchte dazu beitragen, das Thema weiterzuentwickeln und schlägt eine Klimasprechstunde in der Hausarztpraxis vor, die von speziell qualifiziertem Personal unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden könne. Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg und Hausärztin in Pforzheim, erklärt: „Um Gesundheitsschäden zu vermeiden, sind dringend präventive Maßnahmen notwendig, damit insbesondere vulnerable Gruppen besser für ihre individuellen Risiken sensibilisiert werden können. Hierfür müssen zusätzliche Angebote geschaffen werden, die den erweiterten Beratungsbedarf auffangen, der mit dem vorschreitenden Klimawandel verbunden ist.“

Mehr erfahren?

„So kann eine ‚klimasensible Gesundheitsberatung‘ in der Arztpraxis funktionieren“, Ärzte Zeitung, 31. Juli 2022
„Was die ‚Klimasprechstunde‘ in Hausarztpraxen leisten soll“, Ärzte Zeitung, 26. August 2022