Medizin und Gesundheit Bundestag

Auch im April haben wir einen bunten Strauß an Themen und News aus Medizin und Gesundheit für Sie vorbereitet. So geht es um die Idee, Ärztinnen und Ärzte dafür zu gewinnen, Patient:innen hinsichtlich der Möglichkeiten zum Klimaschutz stärker aufzuklären und um die Frage, wie Arzneimittelrüchktände im Wasser reduziert werden können. Auch werfen wir einen Blick auf die Reform der Unabhängigen Patientenberatung und stellen eine kanadische Studie zur Schwangerschaftsdiabetes vor, die vermuten lässt, dass die Umstellung einer Screening-Methode mit verantwortlich ist für die steigende Zahl von Schwangeren mit Schwangerschaftsdiabetes.

Die Meldungen

» Rolle der Ärzt:innen beim Klimaschutz
» Umweltbelastung durch Arzneimittelreste
» UPD Reformplänge gebilligt
» Schwangerschaftsdiabetes durch Screening?

Rolle der Ärzt:innen beim Klimaschutz

Klima Gesundheit Pexels shvetsBerlin, 03. April 2023. Die Auswirkungen des Klimawandels sind unübersehbar. Er zeigt sich durch extreme Wetterbedingungen, Überschwemmungen, Waldbrände, Ernteausfälle und viele weitere Katastrophen. Eine der Hauptursachen für den Klimawandel ist der hohe Ausstoß an Treibhausgasen. Auch Landwirtschaft und Ernährung tragen erheblich zur Freisetzung von Treibhausgasen bei. Allein in Deutschland könnte es laut des für Wirtschaft und Klimaschutz zuständigen Bundesministeriums zu etwa 900 Milliarden klimawandelbedingten Ausgaben kommen.

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

Klimaschutz ist nicht nur eine Frage des Umweltschutzes, sondern auch der menschlichen Gesundheit. Denn der Klimawandel hat negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, beispielsweise durch Luftverschmutzung, Hitzewellen und Naturkatastrophen. Deshalb ist es wichtig, eine ökologisch nachhaltige Lebensweise voranzubringen und aktiv gegen den Klimawandel vorgehen.

Ernährung umstellen

Eine Möglichkeit den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, ist die Umstellung auf eine Planetary Health Diet. Diese Ernährungsweise wurde von Wissenschaftlern entwickelt und zielt darauf ab, sowohl die menschliche Gesundheit als auch die ökologische Nachhaltigkeit zu fördern. Die Ernährung basiert auf einem hohen Anteil an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten, während tierische Produkte wie Fleisch und Milchprodukte nur in Maßen konsumiert werden sollten.

Ärztliche Verantwortung

Eine Berufsgruppe, die viel Vertrauen in der Bevölkerung genießt, sind Ärztinnen und Ärzte. Damit übernehmen sie eine besondere Verantwortung, die sie nutzen sollten, um sich für den Klimaschutz und somit für die Gesundheit der Bevölkerung einzusetzen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat sich in diesem Zusammenhang für mehr Ehrgeiz beim Engagement gegen umweltbedingte Gesundheitsbelastungen ausgesprochen. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung von Treibhausgasen, Reduzierung von Luftverschmutzung und die Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung. Die Ärzt:innenschaft kann hier vielmehr als Multiplikator und Vorbild fungieren und somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Gesundheitsförderung leisten. Professorin Cornelia Betsch von der Uni Erfurt hat sich mit der Frage nach der Verantwortung der Ärzt:innenschaft näher beschäftig. Ein interessantes Interview mit ihr finden Sie auf » aerztezeitung.de (Bezahlschranke).

Quelle:

„Klimakosten bis zu 900 Milliarden Euro bis 2050 möglich“, Deutsches Ärzteblatt, 06. März 2023: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/141486/Klimakosten-bis-zu-900-Milliarden-Euro-bis-2050-moeglich

 

Umweltbelastung durch Arzneimittelreste

Klima Gesundheit pexels min anBerlin, 03. April 2023. Arzneimittel sollen wirken, doch bis zu 90 Prozent des Wirkstoffs werden unverändert ausgeschieden und landen im Abwasser. Kläranlagen können nur einen Teil der Substanzen abfangen, und so sind Arzneimittelrückstände in Gewässern und im Trinkwasser nachweisbar. Obwohl Hersteller Umweltstudien durchführen müssen, sind die Ergebnisse oft schwer zugänglich. Das stellt ein Problem für den Gewässerschutz dar. Auf EU-Ebene wird an neuen Regelungen gearbeitet, die Umweltbelange wie Datentransparenz adressieren.

Keine ausreichenden Filter

Ein Beispiel für schädliche Auswirkungen auf die Natur ist das Massensterben von Geiern in Indien durch Diclofenac. In Deutschland werden jährlich 80 Tonnen des Wirkstoffs verbraucht, davon erreichen aber nur sechs Prozent ihr Ziel und wirken da, wo sie sollen.
Nun sieht überarbeitete Wasserrahmenrichtlinie der EU zwar eine weitere Reinigungsstufe vor, aber viele Wirkstoffe werden nicht herausgefiltert. Das macht weitere Maßnahmen nötig. Angedacht sind da zum Beispiel eine Umweltverträglichkeits-Ampel oder Einschränkungen bei der rezeptfreien Abgabe von Diclofenac. Experten betonen darüber hinaus, dass sich die Mentalität in Gesundheitsfragen ändern muss, um Umweltbelastungen durch Arzneimittel zu reduzieren.

Tonnenweise Medikamentenabfälle

Jährlich gelangen Tausende Tonnen biologisch aktiver Wirkstoffe aus Human- und Tiermedizin in die Umwelt. Das Problem wird an Brisanz gewinnen, da auch durch den demographischen Wandel, immer mehr Medikamente genommen werden. Die Umweltverträglichkeit wird bei der Entwicklung nicht beachtet und die Substanzen sind oft sehr stabil und behalten ihre biologische Wirksamkeit lange Zeit in der Umwelt. Gesicherte Zusammenhänge zwischen den Substanzen und möglichen Langzeitfolgen für den Menschen sind schwer nachzuweisen, doch es ist klar, dass die Substanzen unvermeidbar ins Trinkwasser gelangen und potenziell besorgniserregend sind.

Quellen:

„Mehr Arzneimittelreste in der Umwelt“, ZEITONLINE, 28. März 2023: https://www.zeit.de/news/2023-03/28/mehr-arzneimittelreste-in-der-umwelt?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
"Welche Auswirkungen haben Medikamente auf die Umwelt?", BMUV, 28. März 2023: https://www.bmuv.de/richtig-entsorgen-wirkt/welche-auswirkungen-haben-medikamente-auf-die-umwelt

 

UPD Reformpläne gebilligt

Beratung pexelsBerlin, 03. April 2023. Mitte März hat der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf zur Reform der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) beschlossen. Krankenkassen und Verbraucherverbände hatten zuvor den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) kritisiert. Besonders viel Kritik erntete der Vorschlag, die geplante Stiftung aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Krankenkassen zu finanzieren.

GKV-Spitzenverband übernimmt

Das Gesetz zur Reform der UPD sieht nun vor, dass die Patientenberatung ab 2024 in eine Stiftung bürgerlichen Rechts überführt wird, die vom GKV-Spitzenverband zunächst eingerichtet und dann auch finanziert wird. Die Stiftung soll die unabhängige, qualitätsgesicherte und kostenfreie Information und Beratung von Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen weiterhin sicherstellen. Ebenfalls im Gesetz vorgesehen sind Regelungen zum Beispiel zur Blutspende, zur Entbudgetierung bei Kinder- und Jugendärzten sowie zur Vorbereitung der Krankenhausreform, zu Fahrtkosten und zu Arzneimitteln.

Neue Struktur

Formal soll die Stiftung wie folgt aufgebaut werden: Die Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand, der Stiftungsrat und der wissenschaftliche Beirat. Der Stiftungsvorstand besteht aus zwei hauptamtlichen Mitgliedern. Der Stiftungsrat setzt sich aus insgesamt 14 bzw. 15 Mitgliedern zusammen, aus den Bereichen Patientenvertretung, Bundesregierung, Parlament, GKV-Spitzenverband und bei Fortsetzung der freiwilligen finanziellen Beteiligung auch der PKV.

Gesetzlich Versicherte haben Nachsehen

Während die von der privaten Krankenversicherung (PKV) für den Fall einer Finanzierungsbeteiligung an der UPD angedrohte Verfassungsbeschwerde offenbar Wirkung gezeigt hat, verbleibt nach dem nunmehr beschlossenen Gesetzentwurf die volle Finanzierung alleine bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Ersatzkassenverband vdek kritisierte, dass gesetzlich Versicherte und Arbeitgeber künftig dauerhaft Beratungsleistungen bezahlen müssten, die allen Bürgern zur Verfügung stünden und somit eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellten. Als weiterer Kritikpunkt kommt hinzu, dass die Mehrzahl der Fragen das Leistungsverhalten der gesetzlichen Krankenversicherungen betreffen, die die UPD nun finanzieren. Schade, dass der Neustart nicht für eine echte Neutralität genutzt wurde.

Quellen:

„Patientenberatung und weitere Gesetze: Gesundheitsausschuss billigt Reformpläne“ “, Deutsches Ärzteblatt, 15. März 2023: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/141748/Patientenberatung-und-weitere-Gesetze-Gesundheitsausschuss-billigt-Reformplaene

„UPD-Stiftung: Etwas mehr Mitspracherecht für GKV-Spitzenverband geplant“, Deutsches Ärzteblatt, 14. März 2023: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/141690/UPD-Stiftung-Etwas-mehr-Mitspracherecht-fuer-GKV-Spitzenverband-geplant

"Unabhängige Patientenberatung Deutschland wird ab 2024 eine GKV-finanzierte Stiftung", krankenkasse-direkt.de, 15. März 2023: https://www.krankenkassen-direkt.de/news/Umstrittene-UPD-Reform-beschlossen-Unabhaengige-Patientenberatung-Deutschland-wird-ab-2024-eine-GKV-finanzierte-Stiftung-1319634.html

 

Schwangerschaftdiabetes durch Screening?

Schwangerschaft pexelsBerlin, 03. April 2023. Weltweit nimmt die Häufigkeit von Schwangerschaftsdiabetes zu. Mögliche Ursachen wurden dafür bisher im Alter der schwangeren Frauen und in ihrem Lebensstil (geringere körperliche Aktivität und eine ungesunde Ernährungsweise) gesehen. Nun zeigt sich, dass auch eine Änderung der Screening-Methode dabei eine Rolle spielen könnte.

Studie zu Schwangerschaftsdiabetes

Forscherinnen und Forscher der University of British Columbia in Kanada haben die Screening-Methoden für Diabetes mellitus bei Schwangeren von 2005 bis 2019 untersucht (Canadian Medical Association Journal 2023, online 20. März). Das Ergebnis zeigt, dass zwei verschiedene Methoden dabei zum Einsatz kommen: entweder die 1-Step-Methode oder die 2-Step-Methode. Bei der 1-Step-Methode nehmen schwangere Frauen eine zuckerhaltige Lösung zu sich und nach zwei Stunden wird ein entsprechender Blutwert gemessen. Ist der Wert auffällig, wird ein zweiter Test durchgeführt (2-Step-Methode). Im Jahr 2010 hat die International Association of Diabetes in Pregnancy Study Groups (IADPSG) ihre Leitlinie geändert und das 1-Step-Screening empfohlen. Die kanadischen Leitlinien empfehlen hingegen seit 2013 die 2-Step-Methode und die 1-Step-Methode nur als Alternative.

Screening-Methoden unter der Lupe

Die Forscher haben die Daten von über 551.000 Schwangerschaften ausgewertet und festgestellt, dass sich die Inzidenz des Schwangerschaftsdiabetes im Verlauf der Studie mehr als verdoppelt hat. Berücksichtigt man die wachsende Beteiligung am Screening und die veränderten Screeningmethoden, betrug der Anstieg des Risikos für Schwangerschaftsdiabetes nur noch 1,34%. Der Abgleich mit weiteren Faktoren wie Alter der Schwangeren oder Body-Mass-Index fiel mit 1,25% Risikosteigerung kaum mehr ins Gewicht.
Die kanadischen Forscher schlussfolgern daraus, dass der beobachtete Anstieg der Inzidenz des Schwangerschaftsdiabetes hauptsächlich auf die veränderten Screening-Praktiken zurückzuführen war. Diese Faktoren sollten bei der Erhebung von Inzidenzen berücksichtigt werden.

Quelle:

„Schwangerschaftsdiabetes: Anstieg besonders Screening-bedingt“, Ärztezeitung, 20. März 2023: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Schwangerschaftsdiabetes-Anstieg-geringer-als-gedacht-437577.htm3