Neues aus Medizin & Gesundheit
20 Gesetze in 20 Monaten – diese Bilanz hat Gesundheitsminister Jens Spahn sichtlich stolz zur Jahreswende gezogen. Allerdings gilt auch hier: Masse ist nicht gleich Klasse. Bestes Beispiel: die umstrittene Masern-Impfpflicht, die Jens Spahn entgegen den Empfehlungen vieler ExpertInnen durchgeboxt hat und die zum 1. März 2020 in Kraft tritt. Problematisch ist auch die Zunahme von digitalen Medien in den Kinderzimmern – in einer aktuellen Umfrage schlagen KinderärztInnen Alarm und warnen vor langfristigen Folgen. Aber zum Schluss auch gute Nachrichten: Achtsamkeitsmeditation kann dazu beitragen, Bluthochdruck zu senken, wie eine neue Studie kürzlich ermittelt hat.
Die Meldungen:
» Jahreswechsel: Änderungen in Medizin & Pflege
» Masern-Impfung wird zur Pflicht
» Smartphones machen Kinder krank
» Achtsam gegen Bluthochdruck
Jahreswechsel: Änderungen in Medizin & Pflege
Berlin, 8. Januar 2020. Zum 1. Januar 2020 sind zahlreiche neue gesetzliche Regelungen in Kraft getreten. Hier eine Auswahl der wichtigsten Änderungen:
- Terminservice: Die bisherige Notrufnummer 116 117 gilt nun an allen Tagen rund um die Uhr und führt ärztlichen Notruf und Terminservicestelle zusammen.
- Gesundheits-Apps: PatientInnen sollen bestimmte Gesundheits-Apps als ärztliche Verordnung von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Das BfArM soll die Produkte prüfen.
- Pflegepersonalkosten: Die Personalkosten für die Pflege jedes einzelnen Krankenhauses sollen ermittelt und von den Kostenträgern bezahlt werden. Seit 2019 werden schrittweise Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt. Kiniken in dünn besiedelten Regionen erhalten zusätzliche Zuschüsse.
- Pflegeausbildung: Nach langem Gezerre beginnt ab 2020 die generalistische Pflegeausbildung, die die bisherigen Ausbildungsgänge zusammenführt und eine Spezialisierung im dritten Jahr ermöglicht. Die Ausbildung soll nun kostenfrei sein.
- Hebammen: Die Ausbildung wird mit einem drei- bis vierjährigen Bachelor-Studium akademisch.
Auch zu den Themen Krankenkassenfinanzen, MDK, Implantate, Apotheken, Früherkennung und Zahnersatz gelten neue Regelungen, wie das » Ärzteblatt am 30. Dezember 2019 unter der Überschrift „Neuregelungen in Gesundheit und Pflege“ berichtet hat.
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Masern-Impfung wird zur Pflicht
Berlin, 8. Januar 2020. Am 14. November 2019 hat der Bundestag das so genannte "Masernschutzgesetz" in Deutschland verabschiedet – gegen den Rat und die Expertise vieler Fachleute. Ende Dezember 2019 hat auch der Bundesrat grünes Licht gegeben und dabei die Chance verpasst, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit gilt die Impfpflicht ab dem 1. März 2020 für Kinder, Geflüchtete und MitarbeiterInnen in Gemeinschaftseinrichtungen. Für Kinder, die bereits in Betreuung sind, sowie für betroffene MitarbeiterInnen der betroffenen Bereiche gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2021. Bei Verstößen drohen bis zu 2.500 Euro Bußgeld.
„In unseren Bemühungen, eine freie, individuelle Impfentscheidung zu erhalten, haben wir damit eine Niederlage erlitten – wissenschaftliche Fakten und Fachleute erwiesen sich als machtlos gegen eine Phalanx aus politischer Profilierungssucht einzelner Politiker oder gar ganzer Parteien“, kommentiert der Verein Ärzte für Individuelle Impfentscheidung.
Bis zuletzt hatte sich der Verein, den auch der DAMiD unterstützt, gegen das Gesetz stark gemacht. Die Ärzte für individuelle Impfentscheidung haben angekündigt, betroffene Eltern zu unterstützen, Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzureichen.
Mehr Infos: » Ärzte für Individuelle Impfentscheidung
Smartphones machen Kinder krank
Berlin, 8. Januar 2020. Alarmierende Ergebnisse einer Umfrage unter KinderärztInnen: Neun von zehn KinderärztInnen führen weit verbreitete Probleme in der Kinderarztpraxis auf die häufige Nutzung digitaler Medien zurück. Genannt wurden vor allem Übergewicht, soziale Auffälligkeiten, motorische Defizite und Lernentwicklungsstörungen, wie eine Umfrage der Krankenkasse pronova BKK unter niedergelassenen KinderärztInnen ergab.
Fast alle Kinderärzte sehen eine zunehmende Vereinsamung ihrer Patienten. 90 Prozent sind der Meinung, dass die Tragweite der psychischen Schäden durch die vermehrte Mediennutzung noch nicht absehbar ist. 82 Prozent erkennen schon heute eine soziale Isolation ihrer Patienten, die sie auf den Medienkonsum zurückführen.
In der Umfrage gaben die ÄrztInnen auch an, dass Eltern häufig kein Problembewusstsein in Bezug auf digitale Medien zeigten. Außerdem seien die Eltern selbst oft kein gutes Vorbild: „Kinder wachsen heutzutage damit auf, dass das Smartphone in der Welt der Großen ständiger Begleiter ist. Auch Kleinkindern bleibt nicht verborgen, dass sie die Aufmerksamkeit ihrer Eltern ein Stück weit mit diesen Geräten teilen müssen – mit teils dramatischen Folgen für die kindliche Entwicklung“, so eine Psychologin bei der pronova BKK.
Zu den Umfrage-Ergebnissen passt auch eine neue Studie aus den USA, bei der Forscher herausgefunden haben, dass die Gehirne von kleinen Kindern, die viel Zeit mit Smartphones oder Tablets verbringen, strukturelle Veränderungen aufweisen. Diese Veränderungen haben den Forschern zufolge weitreichende Folgen: Kindergartenkinder, die häufig auf Displays schauen, haben sprachliche Defizite sowie eine geringere Schreib- und Lesefähigkeit.
Zur » Umfrage der pronova BKK
Zur » Studie der sprachlichen und sonstigen Defizite
Tipps für einen bewussteren Umgang mit digitalen Medien – auch in der Familie – hat die Initiative » Medienfasten zusammengefasst.
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Achtsam gegen Bluthochdruck
Berlin, 8. Januar 2020. Eine achtsamkeitsbasierte Stressreduktion hat in einer Ende 2019 veröffentlichten Studie den Blutdruck von Hypertonikern teilweise deutlich gesenkt. Die StudienteilnehmerInnen hatten die so genannte „Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR) praktiziert, die von Jon Kabat-Zinn als Methode zur Stressbewältigung entwickelt worden war. MBSR verbindet Elemente der buddhistischen Meditationspraxis mit Yoga-Übungen.
Im Rahmen der Studie wurden die TeilnehmerInnen auch über Lebensstilveränderungen informiert. Bei der ersten Untersuchung nach Abschluss des MBSR-Kurses hatten vor allem die TeilnehmerInnen mit einer Hypertonie im Stadium 2 ihre Blutdruckwerte deutlich verbessert. Nach sechs Monaten und nach zwölf Monaten waren die Blutdruckwerte zwar wieder leicht angestiegen. Sie lagen jedoch weiter unter den Ausgangswerten vor Beginn der Studie. Ob die Blutdruckziele erreicht wurden, hing dabei sehr stark davon ab, ob die Teilnehmer nach dem Ende des MBSR-Kurses weiterhin ihre täglichen Meditationsübungen durchführten.
Zur » Studie
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