Experten fordern bei Berliner Tagung eine neue Alterskultur in Betrieben

Praevention 2012 klein
Die Erwerbstätigen werden älter, die Ressourcen für Medizin und Gesundheit knapper. 
Bald schon wird jeder dritte Arbeitnehmer über 50 Jahre alt sein. Zwar sind die ältesten Arbeitnehmer durchschnittlich nur halb so oft krankgeschrieben wie die jüngsten, dafür aber mehr als viermal so lang. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen wurden in Berlin bei der Tagung „Alter(n) – was geht? Länger gesund im Job“ (10. Oktober 2012) mehr Anstrengungen auf dem Feld der betrieblichen Gesundheitsförderung angemahnt. Im Rahmen der Tagung diskutierten namhafte nationale und internationale Experten aus Politik und Fachverbänden sowie aus Wissenschaft und Praxis fördernde und hemmende Einflüsse für die betriebliche Prävention, erfolgreiche Interventionsansätze aus der Praxis sowie die Ergebnisse aktueller Forschungsprojekte.

Die gut besuchte Tagung (rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer) wurde gemeinsam vom Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD), dem Kneipp Bund und der BARMER GEK konzipiert und durchgeführt. Mit vereinten Kräften setzen sich die drei durchaus unterschiedlichen Akteure bereits seit einigen Jahren für mehr Prävention und Gesundheitsförderung ein. In diesem Jahr stand die Frage nach der betrieblichen Prävention für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Fokus der gemeinsamen Arbeit.

Wertschätzung für Menschen und ihre Arbeit

Bereits zum Auftakt der Veranstaltung kritisierte die Präsidentin des Kneipp-Bundes, Marion Caspers-Merk, ständig wachsende Anforderungen im Beruf: „Stress und ständige Erreichbarkeit fordern ihren Tribut, wir müssen zu einem vernünftigen Maß der Verfügbarkeit zurückfinden.“ Dr. med. Matthias Girke vom Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD), der aus der Perspektive des medizinischen Alltags inhaltlich in das Thema einführte, ging noch einen Schritt weiter: „Aus der Praxis wissen wir, dass immer mehr ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Krankheitsbildern leiden, die auch psychische Ursachen haben können. Es ist deshalb wichtig, Arbeitsbedingungen zu entwickeln, die die gesundheitlichen Ressourcen berücksichtigen und stärken und damit gleichzeitig eine Wertschätzung der Menschen und ihrer Arbeit ausdrücken. Insofern brauchen wir eine neue betriebliche Alterskultur, die bei den individuellen Fähigkeiten und konkreten Arbeitsbedingungen älterer Erwerbstätiger ansetzt.“ Nur dann sei es möglich, auch länger gesund zu arbeiten.

Perspektiven aus Praxis und Forschung

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde aufgezeigt, was es für die Unternehmen bedeutet, Teil einer Gesellschaft des langen Lebens zu sein. Dabei wurde nicht nur die nationale Perspektive von Prof. Dr. Antje Ducki (Beuth Hochschule für Technik, Berlin) sehr engagiert vermittelt, sondern auch die europäischen Zusammenhänge von Dr. Erika Mezger (European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions, Dublin) verdeutlicht. Anschließend wurden Beispiele aus der Praxis vorgestellt, zum Beispiel das Projekt „Generationenmanagement im Arbeitsleben“ (GeniAL) oder das betriebliche Eingliederungsmanagement. In einem gleichzeitig stattfindenden Forum wurden Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung vorgetragen, zum Beispiel zu den Themen „Digitale Gesellschaft“ oder zur Prävention psychischer Störungen am Arbeitsplatz.

Plädoyer für mehr Vernetzung

Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen wurden im abschließenden Podium von Prof. Dr. Dr. Ursula Lehr (Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und ehemalige Bundesministerin), Dr. Rainer Hess (gesundheitsziele.de), Dr. Rolf-Ulrich Schlenker (BARMER GEK) und Hubert Seiter (Deutsche Rentenversicherung, Baden-Württemberg) diskutiert. Im gemeinsamen Gespräch wurde deutlich, dass es bereits heute viele gute Projekte und Ansätze für die betriebliche Prävention der älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gibt – aber leider wenig Vernetzung und konsequente Evaluation der verschiedenen Ansätze. In diesem Punkt müsse strukturierter gehandelt werden. Darüber hinaus brauche es ein Umdenken in den Betrieben und eine neue Führungskultur, um diese Themen überhaupt wahrzunehmen. Auf der ganz praktischen Ebene wurde mehr Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen gefordert, um die eigene Belegschaft gesundheitlich angemessen unterstützen zu können. Als Fazit fasste Marion Caspers-Merk zusammen: „Wir müssen unsere Kräfte bündeln. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit und Vernetzung. Und natürlich braucht es noch mehr Engagement für die Prävention, auch und gerade in jungen Jahren, wenn die Weichen für die Zukunft gestellt werden.“ Gesundheitspolitisch formulierte es Marion Caspers-Merk folgendermaßen: „Noch immer warten wir auf die angekündigte Präventionsstrategie. Die Politik muss endlich liefern!“

Pressekontakt:

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Der DAMiD repräsentiert die Anthroposophische Medizin in allen gesellschaftlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Als Dachorganisation vertritt der Verband die übergeordneten Belange und Interessen seiner 17 Mitglieder. Mitgliedsorganisationen sind Berufs- und Patientenverbände, Klinikverband, gemeinnützige Altenhilfe, Behindertenhilfe sowie Hersteller Anthroposophischer Arzneimittel.