Veranstaltungsreihe "Zukunft Prävention"

Gestern fand der Kongress zur Prävention und Gesundheitsförderung in Berlin statt. Gemeinsam hatten der Kneipp Bund, die Barmer GEK und der Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland e.V. (DAMiD) dazu aufgerufen, das Thema "Prävention und Gesundheitsförderung" wieder verstärkt in den Fokus zu rücken. Die gute Resonanz auf die Veranstaltung, die mit rund 250 Teilnehmerinnen / Teilnehmern rasch ausgebucht war, zeigte, dass das Thema nach wie vor als äußerst relevant eingeschätzt wird. Gemeinsam sollte die Frage geklärt werden, welche Rolle der Staat und welche Rolle jeder Einzelne übernehmen kann oder muss, damit mehr präventive Maßnahmen zu mehr Gesundheit in Deutschland führen. Nach einführenden Vorträgen wurden in zwei Foren Beispiele aus der Praxis und Neues aus der Forschung vorgestellt, bevor am Ende der Veranstaltung die mögliche Verantwortung des Staates zur Diskussion stand.

Dr. Matthias Girke, Internist und Leitender Arzt am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, einer Klinik für Anthroposophische Medizin, erläuterte eingangs, wie wichtig das "aktive Erlernen von gesundheitsfördernden Befähigungen" sei, um mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Neben dem Ausschließen von Risikofaktoren, der Berücksichtigung von psychischen Einflüssen auf die Gesundheit und der Betrachtung des lebensgeschichtlichen Kontextes, sind auch Veränderungen des Lebensstils meist unabdingbar, um Krankheiten vorzubeugen und die eigene Gesundheit nachhaltig zu fördern.

Prof. Dr. Ilona Kickbusch zeigte anhand vieler internationaler Projekte und Maßnahmen, dass Gesundheit eine gesellschaftliche Herausforderung ist. Die "Konsumbestimmtheit und die Kommerzialisierung des Lebens" seien ihrer Meinung nach zwei Aspekte, die es notwendig machen, den Menschen in ihren unterschiedlichen Lebens- und Konsumwelten aufzuzeigen, wie wichtig die Vorbeugung von Krankheiten und der Schutz der eigenen Gesundheit seien. Prof. Dr. Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verwies auf die zentralen Herausforderungen, die dem deutschen Gesundheitssystem bevorstehen. Denn bei einer steigenden Lebenserwartung der Menschen und dem gleichzeitigen Rückgang der Geburtenrate, gilt es, die Behandlung der weit verbreiteten chronischen Erkrankungen, die Zunahme von psychischen Krankheitsbildern sowie die Bedrohung durch Infektionskrankheiten zu meistern. Dies sei nur zu schaffen, wenn staatliche, öffentlich-rechtliche und freie Träger gemeinsam an den gleichen Zielen und Projekten arbeiteten. In ihrem Vortrag verdeutlichte sie, dass es sowohl bei der Prävention als auch bei der Gesundheitsförderung an Struktur fehle. Viele gute Ansätze in der Präventionspolitik gäbe es schon, aber sie seien nicht oder nicht ausreichend "in bestehende Regelsysteme integriert".

Als ein weiteres Problem wurde von Elisabeth Pott der Mangel an fehlenden Evaluationen innerhalb der Prävention hervorgehoben: Wenn aufgezeigt würde, wie gut eine Präventionsmaßnahme tatsächlich funktioniert hätte, könnten Nutzen und Einsparungen hervorgehoben werden und Präventionsprogramme effektiver sein - und vielleicht auch attraktiver für die Gesundheitspolitik. Marion Caspers-Merk, Präsidentin des Kneipp Bundes und frühere Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, kritisierte diesbezüglich, dass der Staat häufig erst dann eingreife, "wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen" sei. Möglicherweise könnten positive Evaluationen dazu führen, dass sich der Staat mehr für Präventionsprojekte einsetzen und mehr Geld für die Präventionsforschung bereitstellt würde. Momentan bringen die Gesetzlichen Krankenversicherungen im Schnitt 3000 Euro pro Jahr für die medizinische Behandlung eines Patienten auf - bei der Prävention "sollen hingegen laut Richtwert drei Euro ausreichen", bemängelte Caspers-Merk.

Ähnlich kritisch äußerte sich Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach, emeritierter Professor für christliche Gesellschaftsethik, indem er die These vertrat, dass Prävention als "gesellschaftliche und politische Bringschuld" gesehen werden sollte. Seiner Meinung nach müsse es einen Rechtsanspruch für präventive Maßnahmen geben. Die Verantwortung müsse an diejenigen weitergereicht werden, die für die Erkrankungen verantwortlich seien. Er sprach davon, dass erst die Politik handeln müsse, bevor die persönliche Verantwortung beginne.

In den beiden Foren stellten Expertinnen und Experten neue Studien sowie verschiedene Projekte zur Prävention und Gesundheitsförderung in der Praxis vor. So erläuterte beispielsweise Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Ärztlicher Direktor des anthroposophischen Gemeinschaftkrankenhauses Herdecke, wie erfolgreich die Klinik gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern daran arbeite, Stress, Müdigkeit und Abgeschlagenheit in den Teams zu bewältigen und die Vitalität jedes einzelnen zu stärken. Auch wurden Themen wie Burn-Out-Prävention bei Lehrern oder die Havelhöher Herzschule (ein Projekt zur nachhaltigen Veränderung des Lebensstils nach einer koronaren Herzerkrankung, Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe) dem Publikum vorgestellt.

Die gut besuchte Veranstaltung machte Folgendes klar: Die Einsicht, dass mehr für die Prävention getan werden müsse, bleibt zu häufig ein reines Lippenbekenntnis. Als Fazit wurde festgehalten, dass nur eine Orientierung an gemeinsamen Zielen, einer besseren Vernetzung unterschiedlicher Ebenen und einer klaren Rahmenverantwortung des Staates eine bessere Gesundheitsförderung in Deutschland möglich werde. Persönliche Verantwortung und gesellschaftliche Projekte seien dazu ebenso notwendig wie die Unterstützung der Prävention und Gesundheitsförderung durch die Gesundheitspolitik.

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Der DAMiD repräsentiert die Anthroposophische Medizin in allen gesellschaftlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Als Dachorganisation vertritt der Verband die übergeordneten Belange und Interessen seiner 17 Mitglieder. Mitgliedsorganisationen sind Berufs- und Patientenverbände, Klinikverband, gemeinnützige Altenhilfe, Behindertenhilfe sowie Hersteller Anthroposophischer Arzneimittel.