Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind für die Betroffenen meist extrem hart. Susanne* ist nach einer endlosen Odyssee bei einem anthroposophischen Arzt gelandet. Was sie erlebt hat, erzählt sie hier.
Mir ging es lange Zeit sehr schlecht. Schon als Schülerin hatte ich ständig schlimme Magenschmerzen. Niemand konnte mir helfen, auch eine Magenspiegelung brachte kein Ergebnis. Kein Medikament hat gewirkt. Ich konnte nichts essen, nichts bei mir behalten, mir war immer schlecht, ich habe radikal abgenommen. Schließlich die Diagnose: Colitis Ulcerosa, eine chronische Dickdarmentzündung.
Mehr Ärzte, mehr Medikamente
In dieser Zeit bin ich häufig umgezogen und war deswegen bei vielen verschiedenen Ärzten. Eine Katastrophe. Ich bekam hochdosiert Kortison, aber die Entzündung blieb, die Symptome auch. Stattdessen habe ich krass zugenommen. Aber das Schlimmste war, dass ich in meinem Alltag total eingeschränkt war: Ich musste immer wissen, wo die nächste Toilette war. Dazu ständig die Schmerzen. Ich bin kaum noch in die Schule gegangen und habe das letzte Schuljahr wiederholen müssen, um das Abi zu schaffen.
Bei keinem der Ärzte, die ich kennengelernt habe, hatte ich das Gefühl, dass mir jemand zuhört. Es gab immer nur neue Arzneimittel, die aber alle nicht geholfen haben. Auch ein Aufenthalt in einer Spezialklinik hat nur kurz was gebracht.
2015 bin ich wieder nach Berlin gezogen und habe eine Ausbildung angefangen. All das war sehr stressig. Trotzdem wollte ich mich nicht unterkriegen lassen. Heute weiß ich, dass gerade Stress zu vermehrten Schüben führt. Damals hat mir das aber niemand gesagt – oder überhaupt mit mir über die Krankheit geredet. Schließlich bin ich in einer anthroposophischen Praxis gelandet und habe meinen jetzigen Arzt kennengelernt.
Endlich hört jemand zu
Das war ein echtes Erlebnis: Nach dem ersten Gespräch mit dem Arzt war ich wie befreit, denn endlich hat mir mal jemand zugehört. Ich fühlte mich wirklich ernst genommen. Ich wurde dann im anthroposophischen Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe aufgenommen, wo ich noch mal ganz ausführlich untersucht und getestet wurde. Das Medikament wurde umgestellt. Und langsam ging es bergauf.
Neben der „normalen“ Behandlung bekam ich in der Klinik noch weitere Unterstützung. Ich konnte mit einem Psychotherapeuten reden und bekam gute Tipps von einer Ernährungsberaterin. Und obwohl ich zuerst skeptisch war, habe ich eine künstlerische Therapie (Plastizieren) angefangen, die mir sehr gutgetan hat. Was ich auch toll fand, waren Wärmemassagen sowie Wickel und Auflagen speziell für Colitis Ulcerosa. So habe ich zum Beispiel gelernt, dass warme Füße bei meinem Krankheitsbild sehr wichtig sind.
Insgesamt habe ich gemerkt: Hier werde ich ganz anders wahrgenommen als bisher – meine Erkrankung und meine Geschichte gehören nun mal zusammen. Die Frage, wie es mir denn mit der Krankheit eigentlich geht, hat mir vorher niemand gesellt. Die anthroposophischen Ärzte, Pfleger und Therapeuten aber schon.
Neue Behandlungsmöglichkeiten
Inzwischen weiß ich, dass meine Colitis Ulcerosa sehr stark ausgeprägt und fast mein ganzer Darm betroffen ist. Da ist keine Wunderheilung zu erwarten. Es dauert eben, bis eine so große Entzündung zurückgeht. Zwischendurch war ich deswegen immer wieder in der anthroposophischen Klinik. Und mein Arzt hat mit mir immer wieder neue Behandlungsmöglichkeiten besprochen und getestet. Zum Beispiel habe ich auch eine Stuhltransplantation bekommen, auf die mein Darm anscheinend sehr gut anspricht. Auch verschiedene Anthroposophische Arzneimittel haben mir geholfen.
Alles in allem bin ich einfach einen riesen Schritt weitergekommen. Es war für mich früher undenkbar, aber wir haben es geschafft, dass ich ein Jahr lang keinerlei Medikamente nehmen musste – endlich mal frei von der ganzen Chemie!
Ich bin zwar nicht „geheilt“ und ich habe noch immer Schübe, aber ich kann mich besser darauf einstellen. Ich fühle mich viel sicherer. Ich lebe wieder einen ziemlich normalen Alltag, gehe arbeiten, mache Sport, treffe meine Freunde. Ich lerne, mich besser zu entspannen. Ich habe ein tolles Umfeld: meine Familie ist wieder nach Berlin gezogen, mein Partner unterstützt mich, mein Arbeitgeber ist sehr verständnisvoll, auch mein Arzt hilft mir sehr. Und das Schönste: Ich bin schwanger! Das wäre für mich von einigen Jahren einfach überhaupt nicht vorstellbar gewesen.
Susanne*, 24 Jahre, Berlin
(* Um die Privatsphäre der Patientin zu schützen, ist der Name von der Redaktion geändert.)