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Im letzten Newsletter des Jahres nehmen wir erneut die Klimakrise und ihre gesundheitlichen Folgen in den Blick. Auch legen wir den Fokus auf die wichtige Arbeit der Hebammen, ihre Ängste um die Kürzungen ihrer Finanzierungen und auf eine Studie über die heilsame Wirkung des Achtsamkeitstrainings.

die Meldungen

» Klimaschutz in der Medizin
» Hebammen vergessen?
» Achtsamkeitstraining statt Antidepressiva

 

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz


pexels pixabay NaturBerlin, 6. Dezember 2022. Eine Anhäufung von vorzeitigen Todesfällen durch die Hitzewellen im Sommer, Kinderärzte warnen vor negativer Entwicklung in Hinblick auf Allergien und Atemwegserkrankungen bei Kindern, Krankheiten wie Malaria und Denguefieber breiten sich weiter nach Norden aus, das gleiche gilt für die klimabedingte Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Das sind nur ein paar Warnungen, die Ärzt:innen weltweit aussprechen. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes, ruft die Ärzteschaft zu mehr Verantwortung in der Klimakrise auf. Auch die anthroposophische Ärztin Dr. Gabriele Stammer fordert ein Umdenken. Dass Klimapolitik auch Gesundheitspolitik ist, darüber herrscht Einigkeit. Die Forderungen nach mehr Verantwortung durch die Gesundheitsbranche werden immer lauter, und auch die Bereitschaft wächst.
Viele Kliniken, so etwa das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin, handeln bereits und setzen sich hohe Ziele: bis 2030 will das Gemeinschaftskrankenhaus klimaneutral sein. Seit 2010 findet hier jährlich ein Klimasymposium statt. Im November wurden erneut Ergebnisse präsentiert und diskutiert.

Kliniken und Ärzt:innen sehen Klimaneutralität als notwendige Mammutaufgabe und sind der Meinung, dass es ein Klimaziel im Gesundheitswesen braucht. Das Symposium machte dies deutlich und zeigte mit einer langen Liste mit Zielen und Aufgaben, dass noch eine enorme Wegstrecke vor uns liegt:

  • Erneuerbare Energien ausbauen: schneller und intensiver Ausbau bis zum Erreichen von Netto-Null-Emissionen.
  • Übertherapien vermeiden: nachhaltigeres Verordnen und Verschreiben durch Ärztinnen und Ärzte.
  • Mobilitätswende fördern: Bewegungsmangel durch Anreize und Infrastrukturen entgegenwirken.
  • regionale, biologische und fleischärmere Ernährung für Gesundheitsprävention und Klimaschutz. Diese Ernährungsempfehlungen sollten eine Richtlinie für individuelle Patient:innenberatung und die Ernährung im Krankenhaus sein.
  • Hitzeschutzmaßnahmen: gut erreichbare und zeitlich verfügbare kühle Schutzräume entwickeln
  • Abfallwirtschaft: Einwegprodukte in der Medizin umstrukturieren und Recycling-Kreislaufsystem durch EU- Richtlinien formulieren und etablieren.

Ende nächsten Jahres wird das nächste Klimasymposium in Havelhöhe stattfinden. Der Termin wird rechtzeitig auf der » Website vom Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe bekannt gegeben.

Eine Zusammenfassung des Symposiums sehen Sie hier

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Quellen:

„Klimaschutz: Ärzteschaft muss Verantwortung übernehmen“, Deutsches Ärzteblatt, 11. November 2022: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138770/Klimaschutz-Aerzteschaft-muss-Verantwortung-uebernehmen
„EU-Behörde: Klimawandel bedroht verstärkt Gesundheit von Europäern“, Ärzteblatt, 9. November 2022: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138690/EU-Behoerde-Klimawandel-bedroht-verstaerkt-Gesundheit-von-Europaeern
„Was geht mich der Klimanotstand an“, Ärztezeitung, 03. November 2022: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Was-geht-mich-der-Klimanotstand-an-433814.html
„Wie der Klimawandel der Jugend zusetzt“, Ärztezeitung, 26. Oktober 2022: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Wie-der-Klimawandel-der-Jugend-zusetzt-433486.html

 

Kürzungen bei der Geburtshilfe abgewendet

Bild Bauch VfAHBerlin, 6. Dezember 2022. Das neu verabschiedete GKV Finanzstabilisierungsgesetz schloss eine Finanzierung über das Pflegebudget von bestimmten Berufsgruppen aus. Der Deutsche Hebammenverband machte in einem Brandbrief deutlich, dass durch eine derartige Neuregelung, wie sie im neuen Gesetz vorgesehen ist, die Refinanzierung von Hebammenstellen auf den Geburtsstationen ausgeschlossen wird. Auch beklagten sie, dass sie nicht zu einer Stellungnahme des Gesetzesentwurfs eingeladen worden waren.
Eine Studentin rief eine Online-Petition ins Leben, die millionenfach unterzeichnet wurde. Julia Grebner, Vorstandsmitglied des DAMiD und im Vorstand des Vereins für Anthroposophischen Hebammen (VfAH), begrüßte die Online-Petition mit mehr als 1,5 Millionen Unterzeichner:innen und sagte: „Dieser Aufruf spiegelt den Willen der Gesellschaft wider und zeigt, wie groß das Vertrauen in unsere Arbeit ist“.

Dieses große Engagement zeigte Wirkung, denn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach lenkte ein: „Geburtshilfe und Kinderheilkunde dürfen nicht dem Spardiktat des alten Krankenhaussystems zum Opfer fallen.“ sagte er. Die Hebammen hatten zudem Unterstützung durch die Fachpolitik erfahren. „Für eine gute Versorgung von Schwangeren sind Hebammen unverzichtbar. Niemand hat ein Interesse daran, dass sich die Situation in der Geburtshilfe weiter verschärft. Hier arbeiten wir an Lösungen", so äußerte sich beispielsweise Saskia Weishaupt, die für die Bundestagsfraktion der Grünen zuständige Fachpolitikerin für das Thema Geburtshilfe, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.
Glücklicherweise soll nun ab 2025 der Personalaufwand für Hebammen vollständig im Pflegebudget berücksichtigt werden, so zumindest heißt es in einer Formulierungshilfe zu den Änderungsanträgen zum Krankenhauspflegeetastungsgesetz (KHPflEG), die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen.

Quellen:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/139224/Hebammen-sollen-ins-Pflegebudget-aufgenommen-werden?rt=b616dd02106cb7b86aa205365be1a4d6
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138643/Hebammen-beklagen-Webfehler-bei-Personalbemessung

 

Achtsamkeitstraining statt Antidepressiva

Pexels 355863 SteineInBalanceBerlin, 6. Dezember 2022. An einer Studie zur Untersuchung von Maßnahmen gegen Angststörungen nahmen 276 betroffene Patient:innen teil. Die Studie unter Leitung von Forscher:innen des Georgetown Medical Centers zeigt, dass ein auf Achtsamkeit basierendes Stressreduktionstraining Angststörungen genauso gut lindern kann wie ein herkömmliches Antidepressivum. Die Ergebnisse wurden im JAMA Psychiatry veröffentlicht (» 2022; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2022.3679). Ziel der über acht Wochen dauernden Studie war der Beweis der Nichtunterlegenheit des auf Achtsamkeit basierenden Stressreduktionstrainings gegenüber einem Antidepressivum. Die randomisierte Testgruppe, die nicht an dem Training teilnahm, erhielt 10-20mg Dosierungen des Medikamentes Escitalopram. Am Ende der Studie reduzierte sich die Symptomschwere bei beiden Gruppen nicht statistisch signifikant unterschiedlich. Aufgrund von Nebenwirkungen brachen 8% der Patient:innen der Escitalopram-Gruppe die Studie ab, während aus der Achtsamkeitstraining-Gruppe alle Patient:innen bis zum Ende der Studie blieben. Ein auf Achtsamkeit basierendes Stressreduktionstraining stellt also eine gut verträgliche Therapieoption dar.

Mehr erfahren?

„Achtsamkeitstraining kann genauso helfen wie Antidepressivum“, Deutsches Ärzteblatt, 16. November 2022: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138760/Achtsamkeitstraining-kann-genauso-helfen-wie-Antidepressivum