Wir freuen uns, dass Sie auf die Anthroposophische Medizin aufmerksam geworden sind und mehr erfahren wollen!
In einigen Medien und im Internet kursieren immer wieder einmal irreführende Behauptungen bis hin zu Falschmeldungen zur Anthroposophischen Medizin. Wie auch im Umgang mit anderen komplementärmedizinischen Verfahren, werden Patientinnen und Patienten unter dem Deckmäntelchen der Aufklärung bewusst verunsichert und hilfreiche Therapieformen verunglimpft.
Derartig verzerrten Darstellungen wollen wir auf unsere Weise begegnen: Mit Rat und Tat in unseren Akut- und Rehabilitationskliniken, der ambulanten ärztlichen und therapeutischen Versorgung, der wissenschaftlichen Erforschung unserer Therapieansätze an renommierten Hochschulen und Kliniken, u.a. der Berliner Charité, und unseren Patientenvertretungen. Denn der Integrative Ansatz der Anthroposophischen Medizin spricht immer mehr Menschen an: 2019 wurden rund 130.000 PatientInnen in den 12 anthroposophischen Akut-, Fach- und Rehakliniken behandelt. Für die ambulante Versorgung liegen die Zahlen noch deutlich höher, bei geschätzten 2,25 Millionen Behandlungen pro Jahr.
Deshalb unsere herzliche Einladung: Lernen Sie die Anthroposophische Medizin kennen und machen Sie sich selbst ein Bild von ihrem Leistungsspektrum. Treten Sie mit uns in Kontakt und stellen Sie gern auch kritische Fragen.
Im Überblick finden Sie einige häufig gestellte Fragen und Fakten:
» Sind Anthroposophische Medizin und Schulmedizin Gegensätze?
» Was ist besonders an Anthroposophischer Medizin?
» Wie sind Anthroposophische ÄrztInnen ausgebildet?
» Wo gibt es Anthroposophische Medizin?
» Welche Rolle spielt Rudolf Steiner für die Anthroposophische Medizin?
» Was ist der Mensch? Mit welchen Begriffen arbeitet die Anthroposophische Medizin?
» Warum ist Medizin mehr als bloße Naturwissenschaft?
» Wie wissenschaftlich ist die Anthroposophische Medizin?
» Welchen Stellenwert hat die Misteltherapie in der Anthroposophischen Medizin?
» Welche Impulse kann die Anthroposophische Medizin zur medizinischen Forschung geben?
» Wo forscht die Anthroposophische Medizin?
» Ist die Erforschung Anthroposophischer Medizin von Arzneimittelherstellern finanziert?
» Was bedeutet Karma für die Anthroposophische Medizin und ihre Praxisfelder?
Sind Anthroposophische Medizin und Schulmedizin Gegensätze?
Nein. Anthroposophische Medizin ist eine integrative Medizin, das heißt, sie trennt nicht zwischen konventionellen bzw. schulmedizinischen und komplementärmedizinischen Behandlungsformen, sondern verbindet sie zu einem ganzheitlichen medizinischen Konzept.
Beispiel Integrative Krebstherapie
In der Integrativen Onkologie verbindet sie beispielsweise alle modernen diagnostischen und therapeutischen Verfahren der konventionellen Medizin, wie Operation, Chemo- und Strahlentherapie mit komplementären Therapien, zum Beispiel der Misteltherapie sowie weiteren Verfahren, etwa der Heileurythmie, den Kunsttherapien, der Rhythmischen Massage etc. Auf diese Weise stärkt die Anthroposophische Medizin die Selbstheilungskräfte der Patientinnen und Patienten und aktiviert körperliche und seelische Ressourcen, die ihnen helfen zu gesunden.
Eine derartige Integrative Onkologie nach höchsten Qualitätsstandards gibt es in vielen anthroposophischen Kliniken. So wurde zum Beispiel das onkologische Zentrum des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe von der Deutschen Krebsgesellschaft als onkologisches Zentrum zertifiziert.
Was ist besonders an Anthroposophischer Medizin?
Anthroposophische Medizin basiert auf der konventionellen Medizin, wie sie an unseren Universitäten gelehrt wird. Dabei hat sie immer den gesamten Menschen im Blick. Körper, Seele und Geist bilden ein Ganzes – es reicht somit nicht aus, im Krankheitsfall nur die körperlichen Symptome zu behandeln. Anthroposophische ÄrztInnen beziehen deshalb immer auch die seelische und geistige Ebene des Menschen in die Diagnose ein und entwickeln darauf aufbauend eine individuelle Therapie.
Konkret bedeutet dies, dass Anthroposophische Medizin neben konventionellen Arzneimitteln und Therapieverfahren einen reichen Schatz weiterer Therapiemöglichkeiten einsetzt. Dazu gehören neben den anthroposophischen auch naturheilkundliche Arzneimittel sowie Pflege-, Massage-, Bewegungs-, Kunst- und Gesprächstherapien. Eine Übersicht finden Sie » hier
In der Anthroposophischen Medizin kommt der Ordnungs- und Heilkraft des Gesprächs und der zwischenmenschlichen Begegnung darüberhinaus eine besondere Bedeutung zu. Zeit zum Sprechen und aufmerksames Zuhören ist ein zentrales Element der Behandlungen. Das dabei entstehende Vertrauen öffnet einen Raum, in dem Menschen Kräfte für ihre Genesung und Selbstregulation aktivieren können.
Denn die Anthroposophische Medizin legt ein besonderes Augenmerk auf die Fähigkeiten und Ressourcen, die jeder Mensch für seine Genesung mitbringt. Sie "repariert" nicht nur, sondern unterstützt die PatientInnen, ihre manchmal verborgenen oder vergessenen Gesundheitsressourcen neu zu entdecken und zu nutzen. Sie versteht PatientInnen als Akteure, die Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen und diese, z.B. durch Veränderung des eigenen Lebensstils mitgestalten.
Wie sind Anthroposophische ÄrztInnen ausgebildet?
Anthroposophische ÄrztInnen haben ein konventionelles Universitätsmedizinstudium absolviert, sind von der Ärztekammer als Ärzte zugelassen und haben darüber hinaus in der Regel eine Facharztprüfung abgeschlossen. Sie arbeiten in Kliniken und in der ambulanten Medizin selbstverständlich auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand der Erkenntnisse und nutzen alle modernen technischen Möglichkeiten in Diagnose und Therapie (wie z.B. Herzkatheter-Untersuchungen, Endoskopie, Intensivmedizin).
Hieran schließt sich eine Weiterbildung für Anthroposophische Medizin an, die den ÄrztInnen einen ganzheitlichen, anthropologisch begründeten Ansatz vermittelt, der auf Anregungen von Rudolf Steiner und der Ärztin Ita Wegman zurückgeht. Die Ärztinnen und Ärzte machen sich zudem mit darauf aufbauenden anthroposophischen Therapieverfahren, etwa verschiedenen Kunst- und Körpertherapien, der Heileurythmie etc. vertraut und lernen, sie in ihre individuellen Behandlungsansätze einzubeziehen. In Diagnostik und Therapie greifen anthroposophische Ärzte also auf beides zurück: ein fundiertes, wissenschaftlich-medizinisches Wissen und ein ganzheitliches Verständnis des Menschen, der mehr ist als ein Krankheitsbild oder die Summe seiner Symptome.
Wo gibt es Anthroposophische Medizin?
Überall da, wo Medizin praktiziert wird. Anthroposophische Medizin ist sehr vielfältig: Es gibt neben großen Akutkrankenhäusern mit gesetzlichem Versorgungsauftrag sowie Fach- und Rehakliniken niedergelassene anthroposophische Haus- und Fachärzte, Praxen für Kunsttherapie, Heileurythmie und Rhythmische Massage, ambulante Pflegedienste, Altenpflege-Einrichtungen sowie heilpädagogische Häuser. Eine/n Ärztin/Arzt in Ihrer Nähe finden Sie » hier
In Deutschland gibt es rund 1.300 qualifiziert weitergebildete Anthroposophische ÄrztInnen. Stationär ist die Anthroposophische Medizin in Deutschland durch 12 Klinikeinrichtungen vertreten, von denen acht Akutkliniken (mit gesetzlichem Versorgungsauftrag) und vier Reha-Kliniken sind – die Akutkliniken verfügen insgesamt über 1.300 Betten, im Reha-Bereich stehen 100 Betten zur Verfügung. Außerdem gibt es 25 Anthroposophische Pflegeheime sowie über 200 Anthroposophische heilpädagogische Einrichtungen.
2019 wurden rund 130.000 PatientInnen in den 12 anthroposophischen Akut-, Fach- und Rehakliniken behandelt. Für die ambulante Versorgung liegen die Zahlen noch deutlich höher, bei geschätzten 2,25 Millionen Behandlungen pro Jahr.
Welche Rolle spielt Rudolf Steiner für die Anthroposophische Medizin?
Rudolf Steiner hat vor 100 Jahren Anregungen für eine Anthroposophische Medizin gegeben, in ihren Grundzügen wurde sie dann gemeinsam mit Ärzt*innen, insbesondere der Ärztin Dr. Ita Wegman entwickelt. Seither wird sie beständig weiterentwickelt und ist mittlerweile in über 80 Ländern weltweit vertreten. Wichtig: Anthroposophische Medizin war nie ein in sich geschlossenes Lehrgebäude, sondern wird immer ein medizinisches Konzept sein, das sich im Kontext von Wissenschaft und Gesellschaft verändert.
Was ist der Mensch? Mit welchen Begriffen arbeitet die Anthroposophische Medizin?
Anthroposophische ÄrztInnen, TherapeutInnen und Pflegende sind der Überzeugung, dass der Mensch mehr ist als sein Körper, nämlich ein leibliches, seelisches und geistiges Wesen. Für diese verschiedenen Dimensionen hat Rudolf Steiner vor über 100 Jahren den Fachbegriff "Wesensglieder" eingeführt. Im ganzheitlichen Verständnis der Anthroposophischen Medizin werden die verschiedenen Wesensglieder in medizinischer Diagnostik und Therapie von Erkrankungen immer mitberücksichtigt.
Der Begriff "Wesensglieder" mag zwar heute etwas fremd bzw. altmodisch klingen[1], meint aber etwas sehr Aktuelles: Dass der Mensch mehr ist als ein Körperteil, ein Krankheitsbild oder die Summe seiner Eigenschaften. Erst das Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist macht den Menschen aus – in Gesundheit wie in Krankheit. Wird der Mensch krank, sollten ÄrztInnen dementsprechend seinen Körper (bei Rudolf Steiner „Leib“), seine Vitalität (bei Rudolf Steiner „Ätherleib“) und seine Psyche (bei Rudolf Steiner „Astralleib“) in die Behandlung einbeziehen und ihn immer auch als all diese Ebenen vereinendes Individuum (bei Rudolf Steiner „Ich-Organisation“) wahrnehmen.
Die von Rudolf Steiner entwickelten Fachbegriffe finden sich übrigens sinngemäß auch in anderen ganzheitlichen Medizinsystemen, etwa der Traditionellen Chinesischen Medizin oder der Ayurvedischen Medizin – oft mit ähnlicher oder gleicher Bedeutung. All dies ist, wie sollte es anders sein, selbstverständlich erklärungsbedürftig.
Warum ist Medizin mehr als bloße Naturwissenschaft?
Grundsätzlich ist ärztliches Tun nicht nur auf wissenschaftliche Fakten, sondern immer auf die beste Handlung bzw. Maßnahme für die PatientInnen ausgerichtet. Diese Handlungen bzw. Maßnahmen müssen durch Studien empirisch belegt werden. Deshalb geht die Anthroposophische Medizin – ebenso wie z.B. die Bundesärztekammer – davon aus, dass die Medizin eine Handlungswissenschaft ist, die auf grundlegenden Bedingungen der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen (Natur-, Lebens-, Sozial- und Geisteswissenschaften) basiert.
Das bedeutet konkret, dass Ärztinnen und Ärzte sich nicht nur der Erkenntnisse aus Biologie, Physik und Chemie bedienen, sondern auch Methoden und Ergebnisse anderer Wissenschaften, wie den Lebenswissenschaften, der Psychologie, der Sozialwissenschaften und der Geistes- und Kommunikationswissenschaften einbeziehen.[5]
Ganz praktisch formuliert: Jede Ärztin und jeder Arzt weiß, dass ärztliches Handeln sich nicht allein in der Interpretation von Messwerten, Zahlen, Laborergebnissen erschöpft. Die tatsächliche ärztliche Kunst ist viel mehr: den PatientInnen als Menschen zu begegnen, zuzuhören, sich einzufühlen, aufzuklären, zu motivieren, Mut zu machen etc.
Für die Anthroposophische Medizin ist dieses Verständnis von Medizin als einer Wissenschaft vom Menschen essenziell. Sie sieht jeden Menschen als lebendige Einheit von Körper, Seele und Geist und sucht aus diesem ganzheitlichen Verständnis heraus nach der jeweils besten Therapie.
Wie wissenschaftlich ist die Anthroposophische Medizin?
Als Wissenschaft vom Menschen gewinnt die gesamte Medizin, ob nun konventionell oder komplementär, ihre Erkenntnisse einerseits durch empirische Studienbelege sowie durch Einzelfallbeobachtungen (externe Evidenz), andererseits durch die professionellen Erfahrungen und Fähigkeiten von ÄrztInnen und TherapeutInnen (interne Evidenz). Diese beiden Säulen einer Evidenzbasierten Medizin werden durch die dritte Säule der Patientenpräferenz ergänzt und ergeben zusammen das Konzept der Evidenzbasierten Medizin, das von David Sackett mit drei Säulen begründet wurde.
Diese drei Säulen sind bei Sackett gleichberechtigt angelegt. Davon ist heute jedoch teilweise nur noch wenig zu spüren. Besonders AutorInnen der sogenannten Skeptikerbewegung beziehen sich ausschließlich auf Studienergebnisse bzw. die externe Evidenz, wenn es um die Wirksamkeit medizinischer Therapien geht. Ärztliche Erfahrungen und kulturelle Voraussetzungen bzw. Bedürfnisse von PatientInnen bleiben dabei außen vor. Ein Unding, wie jede/r erfahrene Arzt/Ärztin leicht bestätigen kann.
Die Anthroposophische Medizin versteht sich explizit als eine wissenschaftlich forschende Therapierichtung. Sie fühlt sich dem Drei-Säulen-Konzept einer Evidenzbasierten Medizin von David Sackett verpflichtet - im ursprünglichen, umfassenden Sinn. Das bedeutet, dass Anthroposophische WissenschaftlerInnen seit vielen Jahren integrative Therapien erforschen und Studien veröffentlichen, der ärztlichen Expertise und den kulturellen und biographischen Lebenszusammenhängen von PatientInnen aber eine ebenso große Bedeutung beimessen. Denn die einseitige und ausschließliche Anwendung von Studienwissen in der Medizin macht die Medizin am Ende unmenschlich. So sah es auch David Sackett und sprach bereits früh von einer „Tyrannei der Medizin durch alleinige Anwendung der externen Evidenz“, die es zu verhindern gelte.[6] Ein Anliegen, das heute dringlicher ist denn je.
Welchen Stellenwert hat die Misteltherapie in der Anthroposophischen Medizin?
Die Misteltherapie wird von vielen Anthroposophischen ÄrztInnen insbesondere in der Krebstherapie ergänzend zu konventionellen Therapieverfahren, etwa der Chemotherapie, angewandt. Entgegen zum Teil anderslautender Behauptungen ist sie gut bis sehr gut erforscht, es existieren mittlerweile weit über dreitausend wissenschaftliche Artikel zu Mistelextrakten und ihren Wirkprinzipien sowie über » 150 klinische Studien.[2]Von Gegnern ins Feld geführte Behauptungen, die Studienlage zur Misteltherapie sei schwach und in methodisch hochwertigen Studien zeige sich kein Effekt, ist faktisch nicht haltbar. So zeigt z.B. eine nach gegenwärtigem State-of-the-Art durchgeführte Studie zum Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) eine statistisch signifikante Steigerung der Überlebenszeit und der Lebensqualität.[3]
Auch die Qualität dieser Studie wurde von Gegnern der Misteltherapie zunächst in Zweifel gezogen. Das Deutsche Ärzteblatt stellte schließlich klar, dass die Vorwürfe aus der Luft gegriffen waren. In einem Review zur Methodologie randomisierter Studien wurde diese Mistelstudie sogar als vorbildlich hervorgehoben.[4] Das Muster, unliebsame Forschungsergebnisse mit Verweis auf die Minderwertigkeit der Studienqualität zu negieren, findet sich in vielen Darstellungen gegen eine Integrative Medizin. Ein häufiges Vorgehen, denn Patientinnen und Patienten haben in der Regel kaum die Möglichkeit, solche Behauptungen wissenschaftlich zu überprüfen.
Allgemein stärkt die Misteltherapie insbesondere die gesundenden Prozesse im Körper und fördert die physiologische Selbstregulation. Das Ziel ist es, den Organismus in die Lage zu versetzen, aktiv gegen die Krebserkrankung vorzugehen. Als positive Effekte wurden u.a. die Aktivierung des Immunsystems, die Anregung des programmierten Zelltods von Krebszellen (Apoptose), eine bessere Verträglichkeit von Chemo- und Strahlentherapie durch den Schutz der Erbsubstanz (DNA) gesunder Zellen vor Zellgiften (Zytostatika) sowie die Verbesserung von Symptomen des Cancer-related-Fatigue-Syndroms (chronisches Müdigkeitssyndrom) und des Allgemeinzustands bzw. der Lebensqualität beschrieben.
Welche Impulse kann die Anthroposophische Medizin zur medizinischen Forschung geben?
Studien, die unter experimentellen Bedingungen als sehr hochwertig gelten (so genannte randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Studien / RCT), sind nur bedingt geeignet, die Komplexität der Lebens- und Krankheitswelten der PatientInnen und damit die reale Situation der medizinischen Versorgung abzubilden. RCTs stellen daher nur den sogenannten ‚Proof of principle’ dar, prüfen also, ob etwas wirken kann. Weitere Aspekte, z.B. wie verträglich bestimmte Medikamente für bestimmte Patientengruppen sind, müssen im Rahmen anderer ergänzender Studiendesigns geklärt werden.
Deshalb macht sich auch die Anthroposophische Medizin für eine wissenschaftliche Ergänzung durch Real World-Data-Forschung (sogenannte Versorgungsforschung) stark, da diese die real existierende Versorgungswirklichkeit von Patient*innen abbilden und hat dazu in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche Forschungsprojekte, z.B. zur Verbesserung der Lebensqualität und dem Überleben bei Krebs durch die Misteltherapie[7], zur Behandlung akuter Infektionen oder der Therapie chronischer Erkrankungen, wie z.B. Rheuma, Leber- oder Darmerkrankungen durchgeführt. Und das mit guten Ergebnissen.
So belegen die Daten nicht nur die Sicherheit und gute Verträglichkeit Anthroposophischer Medikamente,[8], sondern auch ihre » Wirksamkeit.[9] Trotzdem sind – wie immer und überall in der Medizin – viele Fragen offen, die in weiteren Untersuchungen geklärt werden müssen.
In der Versorgungsforschung liegt ein riesiges, bisher nur anfänglich erschlossenes Innovationspotential für die medizinische Forschung. Die Anthroposophische Medizin kann hierzu wichtige Impulse geben. Die wissenschaftliche Methodik zur Erforschung von Wirksamkeit auch für qualitative Therapiemethoden, wie z. B. der Kunsttherapie oder einer biographischen Begleittherapie werden WissenschaftlerInnen künftig noch weiterentwickeln und differenzieren.
Viele Fragen stellen sich darüber hinaus: Lassen sich mit der quantitativen statistischen Erfassung anonymisierter und akkumulierter Daten allein Aussagen über die Wirksamkeit eines ganzheitlichen medizinischen Systems oder einzelner seiner Heilmittel machen? Braucht es gegebenenfalls ergänzende und erweiternde Nachweisverfahren, die dem eigentlichen „Forschungsgegenstand“, dem kranken Menschen, auf andere und neue Weise gerecht werden?
Diese Fragen zu stellen ist plausibel, ja notwendig. Und Anthroposophische Medizin fordert, die Grenzen eines ausschließlich naturwissenschaftlich reduzierten Weltbildes zu überschreiten. Sich dem Menschen in seinem über Jahrtausende hinweg geprägten Bedürfnis nach Verbundenheit, in seiner Suche nach Sinn, in der Begegnung mit dem Tod unter realen Bedingungen schwerer Krankheiten auch wissenschaftlich zu stellen, erscheint heute notwendiger denn je.
Einen guten Überblick über die wichtigsten Studien zur Anthroposophischen Medizin finden Sie » hier
Wo forscht die Anthroposophische Medizin?
Die wissenschaftliche Erforschung Anthroposophischer Medizin findet an vielen Orten statt: Geforscht wird an Universitäten, etwa an der » Fakultät für Gesundheit an der Universität Witten-Herdecke, in Krankenhäusern, wie z.B. am » Lehrstuhl für Integrative und Anthroposophische Medizin an der Berliner Charité, an » Forschungsinstituten und in Praxen. WissenschaftlerInnen suchen dabei den Schulterschluss mit der konventionellen Medizinforschung, um gemeinsam an Konzepten für eine Integrative Medizin zu arbeiten. Denn für die Anthroposophische Medizin gilt: miteinander statt gegeneinander.
Ist die Erforschung Anthroposophischer Medizin von Arzneimittelherstellern finanziert?
Wie in der konventionellen Medizin erfolgt auch in der Anthroposophischen Medizin die Förderung der Arzneimittelforschung über Arzneimittelhersteller. Der Grund ist, dass die öffentliche Hand, insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) generell nur sehr selten Arzneimittelstudien fördert, sondern dies für eine Aufgabe der Hersteller hält.
Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ist es gängige Praxis, dass ca. 94 Prozent aller Arzneimittelstudien in der konventionellen Forschung durch Arzneimittelhersteller finanziert werden. Der eine Studie finanzierende, dann im Arzneimittelgesetz als Sponsor bezeichnete Hersteller darf dabei keinen Einfluss auf die Datenauswertung und Publikation nehmen. Diese ist vom Leiter der klinischen Prüfung (LKP), einem klinischen Forscher, zu gewährleisten. Seitens der Hersteller anthroposophischer Arzneimittel werden für die erbrachte Tätigkeit keine Honorare gezahlt. Die Forschung zur Anthroposophischen Medizin verhält sich in der Arzneimittelforschung also wie die konventionelle Forschung, erfüllt identische Regeln, unterliegt denselben Auflagen und untersteht denselben Aufsichtsgremien und -behörden.
Unabhängig davon wünschen sich anthroposophische (wie auch viele konventionelle Forscher) eine bessere und unabhängige Forschungsförderung von Arzneimittelstudien. Denn seitens der Pharmaindustrie werden meist nur solche Neuentwicklungen von Arzneimitteln beforscht, die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg unter 10- bis 15-jährigem Patentschutz versprechen. Sämtliche Anthroposophika – ähnlich wie viele pflanzliche Mittel – hingegen sind als Arzneimittel mit langer Tradition ohne Patentschutz. Die Finanzierung der Arzneimittelforschung ist daher wirtschaftlich umso schwieriger.
Unterstützt wird die Erforschung der Anthroposophischen Medizin daher seit vielen Jahren u.a. auch durch die gemeinnützige Software AG Stiftung (SAGST), die sich ähnlich wie die Bertelsmann Stiftung oder die Bill & Melinda Gates Foundation sozial und medizinisch engagiert – auch, aber nicht nur im Kontext der Anthroposophischen Medizin. Ohne ein derartiges zivilgesellschaftliches Engagement wäre die Realisierung eines Methodenpluralismus in der Forschung – und damit eine echte Wissenschaftlichkeit – derzeit kaum möglich.
Die Anthroposophische Medizin bemüht sich ungeachtet dessen weiterhin um eine stärkere, durch das Bundesforschungsministerium oder die DFG finanzierte Forschungsförderung, die unabhängig von Arzneimittelherstellern ist. Um Vorgaben der öffentlichen Hand nach regelhaften, klar strukturierten Planungen zu erfüllen, hat die Anthroposophische Medizin einen Masterplan erstellt, der in einem Zeitraum von 10 Jahren die Verwissenschaftlichung und Akademisierung der Anthroposophischen Medizin vorantreibt – auch das ist gängige Praxis einer forschenden Medizin.
Was bedeutet Karma für die Anthroposophische Medizin und ihre Praxisfelder?
Der Begriff "Karma" wird immer wieder kontrovers diskutiert, auch innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft. Michael Schmock, Vorstand und Generalsekretär der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland » AGiD, zeigt einige Aspekte auf, die die Bedeutung des Karma-Gedankens gerade auch für unsere gegenwärtige Kultur- und Zeitsituation relevant machen und einen sinnstiftenden Zugang ermöglichen können. Den sachlichen, gut überlegten Text könnt ihr » hier nachlesen.
[1] Die moderne Philosophie verwendet heute den Begriff ‚Schichtendeterminismus’.
[2] Einen Überblick über die Studien gibt die Seite www.mistel-therapie.de. Ein Überblick über die Forschungslage findet sich auch in den Aufsätzen von Kienle, G.S. and H. Kiene, Die Mistel in der Onkologie. 2003, Stuttgart, New York: Schattauer Verlag.
[3] Tröger W, Galun D, Reif Mm Schumann A, Stankovic N, Milicevic M: Viscum album (L.) extract therapy in patients with locally advanced or metastatic pancreatic cancer: a randomised clinical trial on overall survival. EurJ Cancer 2013, 49 (18): 3788-3797: https://www.ejcancer.com/article/S0959-8049(13)00550-9/fulltext
[4] Vgl. Stevely A et al. An Investigation oft he Shortcomings oft he CONSORT 2010. Statement for the Reporting of Group Sequential Randomises Controlled Trials: A Methodolocial Systematic Review. PLoS ONE 2018; 10(11): e=141104: doi: 10.1371 / journal.pone.0141104
[5] Vgl. Aufsatz des früheren Präsidenten der Bundesärztekammer Dr. hc Jörg-Dietrich Hoppe im Deutschen Ärzteblatt: https://www.aerzteblatt.de/archiv/46174/Statt-Programm-Medizin-Mehr-Vertrauen-in-die-aerztliche-Urteilskraft
[6] Vgl. Faktenpapier der Hufelandgesellschaft: Was meint Evidenz basierte Medizin? S. 1
[7] Für einen Überblick: http://www.mistel-therapie.de
[8] Hamre HJ, Glockmann A, Heckenbach K, Matthes H. Use and Safety of Anthroposophic Medicinal Products: An Analysis of 44,662 Patients from the EvaMed Pharmacovigilance Network. Drugs Real World Outcomes. 2017;4(4):199-213.
[9] Kienle GS, Glockmann A, Grugel R, Hamre HJ, Kiene H. Klinische Forschung zur Anthroposophischen Medizin - Update eines "Health Technology Assessment"-Berichts und Status Quo. Forsch Komplementmed 2011;18:269-82: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22105040